Erbrecht

Damit zur Trauer nicht noch Zwist kommt

Hans Ulrich Borowiak kennt sich als Anwalt mit Erbrecht aus. (Foto: privat)

Fragen zu gesetzlichen Grundlagen:

Wer muss Erbschaftssteuer zahlen
Jeder, der erbt, ein Vermächtnis, eine Schenkung von Todes wegen, seinen Pflichtteil oder sonst einen Vermögensvorteil durch eine Regelung des Erblassers (Verstorbenen) erhält. Genauer nachlesen kann man das in § 3 Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG). Dieser Paragraph ist schon gut eine Seite lang und die Literatur dazu erstreckt sich dazu dann über ganze Kapitel in dicken Büchern.

Wenn ich ein Haus erbe, muss ich dann auf den gesamten Wert der Immobilie Erbschaftssteuer zahlen oder gibt es Freibeträge?
Das kommt drauf an ("Einleitungssatz" für Juristen aller Art).
Die Paragraphen 13 bis 13 d des ErbStG erstrecken sich über 19 DIN A4 Seiten und enthalten Steuerbefreiungen, begünstigtes Vermögen, Verschonungsabschläge, etc. in großer Zahl. Die Wichtigsten sind hier ohne Zweifel Vererbung einer zu Wohnzwecken genutzten Immobilie an Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, ggf. Enkel, wenn diese die Immobilie unverzüglich selbst zu Wohnzwecken nutzen, dies zehn Jahre lang aufrechterhalten und im Fall der Kinder/Enkel die Wohnfläche 200 m² nicht übersteigt.
Bitte beachten, dass zu jedem Einzelfall verschiedenste Zusatzvoraussetzungen und einzelne Regelungen existieren, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können. Wichtig ist auch z. B. ein erheblicher Abschlag bei der Besteuerung von Betriebsvermögen, wenn Betriebe oder Beteiligungen daran für gewisse Fristen fortgeführt werden - auch hierzu gibt es eine Vielzahl von Ausnahmen und Ergänzungen. Wenn es da ans "Eingemachte" geht, würde auch ich einen/meinen Steuerberater beiziehen.

Gilt für Verwandte und Freunde derselbe Steuersatz?
Der Steuersatz unterscheidet sich nach den verschiedenen Steuerklassen und da gibt es durchaus Unterschiede zwischen Verwandten und Freunden. § 15 ErbStG unterscheidet hier drei Steuerklassen mit Ehegatten/Lebenspartner, Kinder/Stiefkinder, deren Abkömmlinge/Stiefkinder sowie Eltern und Großeltern in Steuerklasse I, den näheren übrigen Verwandten (bitte genau nachlesen) in Steuerklasse II und "dem Rest" in Steuerklasse III. Wichtig sind dann auch die sich aus dem Verwandtschaftsgrad oder Steuerklassen ergebenden Freibeträge bei unbeschränkter Steuerpflicht, also zum Beispiel Erwerb von reinem Geldvermögen. Der Ehegatte hat hier zum Beispiel einen Freibetrag von 500.000,00 bis zu dem er gar nichts versteuern muss. Die schlechter gestellten Erben der Steuerklassen II und III haben dann nur einen Freibetrag von 20.000,00 .

Kommt es auch auf die Größe der Immobilie an, ob ich Erbschaftssteuer zahlen muss?

Es kommt immer auf den Wert der Immobilie und die zusätzlichen Besonderheiten (selbst bewohnen, Teile des Betriebsvermögens, etc.) an, ob und wie viel Erbschaftssteuer ich bezahlen muss.


Fragen aus der Praxis:


Angenommen ein Ehemann verstirbt und die Witwe möchte im gemeinsamen Haus wohnen bleiben. Darf sie das auf jeden Fall oder kann es sein, dass Sie das Haus verliert, weil sie das Geld für eine Erbschaftssteuer nicht aufbringen kann?

In diesem Fall muss die Witwe keine Erbschaftssteuer bezahlen, weil der Erblasser vorher in dem Haus gewohnt hat und die Witwe nach dessen Tod darin wohnen bleiben möchte (§ 13, Abs. 1, Ziff. 4 b ErbStG).

Angenommen drei Geschwister erben vom Vater gemeinsam ein Haus, wo können Probleme auftauchen, wenn die drei sich nicht einig sind ob sie das Haus behalten wollen?

Die Geschwister stellen eine Erbengemeinschaft dar und sie können grundsätzlich das Haus nur gemeinsam verkaufen oder gemeinsam behalten. Möglich ist natürlich auch immer, dass einer die anderen Erben auszahlt. Werden sich die Geschwister nicht einig, dann kann jedes Mitglied der Erbengemeinschaft die sogenannte Teilungsversteigerung einleiten, dann wird die Immobilie in einem Versteigerungsverfahren beim Amtsgericht versteigert und der Erlös nach Abzug aller Kosten (insbesondere Gutachterkosten!) an die Erben gemäß ihren Erbanteilen verteilt.

Wenn Kinder von ihren Eltern ein Haus erben, wo können Sie sich informieren, ob die Immobilie schuldenfrei ist. Was sollten Erben beachten, wenn z. B. Hypotheken auf einem Haus liegen?
Ob auf einer Immobilie direkt Schulden lasten, steht immer im Grundbuch. Ob ein Erblasser generell verschuldet war - darüber können dessen Banken Auskunft erteilen. Für die Auskunft von den Banken und für die Einsicht in das Grundbuch müssen die Erben sich einen gemeinsamen Erbschein erteilen lassen und mit diesem haben die Erben gemeinsam dann einen Anspruch auf die Auskünfte von den verschiedensten Stellen (Grundbuchamt, Banken, Versicherungen, etc.). Bei Hypotheken und Grundschulden, etc. müssen die Erben unbedingt bei den jeweiligen Gläubigern nachfragen, ob die Schulden noch bestehen.

Wenn ein Hausbesitzer stirbt, kann er verfügen, dass zwar seine Kinder das Haus erben, die Lebenspartnerin von ihm aber lebenslanges Wohnrecht im Haus hat?
Natürlich kann der Erblasser dafür sorgen, dass eine Ehefrau/Lebenspartnerin lebenslang im Haus bleiben kann und erst dann seine Erben/Kinder die volle Verfügungsgewalt über das Haus bekommen, wenn auch die Lebenspartnerin verstorben ist. Hier gibt es wieder die verschiedensten Gestaltungsmöglichkeiten, so zum Beispiel die Einräumung des Nießbrauchrechts, eines Wohnrechts oder aber die Gestaltung über nicht befreite Vorerbschaft, hier darf der Vorerbe nicht über die Immobilie verfügen oder sie belasten, mit anschließender Nacherbschaft durch die Kinder. Aber auch hier sind die Gestaltungsmöglichkeiten zahlreich.


Wissenswertes für Erblasser:

Wenn ich Immobilien vererbe, wo kann ich mich über die rechtlichen Grundlagen informieren?
Es gibt Ratgeber in den Medien, Interviews mit Rechtsanwälten, Handbücher für "Otto-Normalverbraucher" und viele andere Informationsquellen. Hier stellt sich aber auch immer die Frage, ob diese allgemeinen Informationen geeignet sind, dem konkreten Einzelfall gerecht zu werden. Von Foren im Internet, bei denen die Fragen eingestellt werden und dann von irgendwoher irgendwelche Antworten kommen, halte ich herzlich wenig. Es finden immer wieder Vorträge von Vereinen oder sonstigen Einrichtungen statt, bei denen Fachleute wertvolle Informationen bieten und auch sicherlich die ein oder andere konkrete Frage miteinbeziehen. Notare weisen im Rahmen der Erstellung von Testamenten und Erbverträgen ganz sicher auch umfassend auf die Möglichkeiten und Probleme bei der Gestaltung hin. Immer eine sinnvolle Möglichkeit ist aber die Beratung durch einen Rechtsanwalt. Sinnvoll ist es zu solch einem Beratungsgespräch eine Übersicht über Hab und Gut und die Gestaltungswünsche in eigenen Worten mitzubringen.

Was kostet eine professionelle Beratung und Begleitung, z. B. durch einen Anwalt?
Für eine Erstberatung (einmalige Beratung ohne Vorbereitung) gibt es eine Obergrenze von 190,00 zzgl. Mehrwertsteuer. Es ist in jedem Fall sinnvoll, sich in dieser Erstberatung über das weitere Vorgehen und über die Kosten zu informieren. Gegebenenfalls kann hier ein Pauschalhonorar oder ein Zeithonorar vereinbart werden. Das ist insbesondere bei höheren Gegenstandswerten zu empfehlen, weil sich das Honorar ohne entsprechende Vereinbarung nach den Gegenstandswerten richtet.

Wo erfahre ich, wie viel meine Immobilie wert ist?

Oft liegen Immobilienmakler oder Fachleute bei den Banken mit ihren Wertschätzungen relativ richtig - im Zweifel ist aber ein Verkehrswertgutachten durch einen der vielen tätigen Gutachter einzuholen. Auch hier gibt es Preisunterschiede und leider auch Qualitätsunterschiede. Auch hier können zum Beispiel Rechtsanwälte Empfehlungen aussprechen, weil diese in der Regel über Erfahrungen mit solchen Verkehrswertgutachten und Verkehrswertgutachtern verfügen.

Sollte ich meine Erben vor meinem Tod über meine Wünsche informieren?
Das ist eine ganz schwierige Frage, denn auch hier entscheidet die familiäre Situation in der ich mich befinde. Habe ich vor, dass ein Teil der in Frage kommenden Erben leer ausgeht oder deutlich zu kurz kommt, dann würde ich das insgesamt nicht an die "große Glocke hängen". Geht es um die sinnvolle Regelung zur Betriebsnachfolge, dann sollten sich natürlich die Erben schon darauf einstellen können, weil sie ja gegebenenfalls die passende Ausbildung haben oder noch machen sollten.

Was sind die Aufgaben eines Nachlassverwalters?

Ich kann als Erblasser die Aufgaben des Nachlassverwalters selbst bestimmen. Der Nachlassverwalter kann den gesamten Nachlass einschließlich Immobilien versilbern und dann das Geld an die Erben verteilen, er kann aber auch damit beauftragt werden, zum Beispiel die Immobilien zu erhalten, zu verwalten und die Erträge an die Erben zu verteilen, um sie eventuell dann zu verwerten, wenn alle Erben ein gewisses Mindestalter erreicht haben. Aufgabe des Nachlassverwalters kann es auch sein, Forderungen für die Erben von Schuldnern des Erblassers einzutreiben oder Verbindlichkeiten zu erfüllen, bevor der Nachlass verteilt wird.

Wenn ein Verstorbener keine Erben und kein Testament hat, was passiert mit seiner Immobilie?
Wenn ein Verstorbener keine gesetzlichen Erben (Verwandte - auch wenn sie noch so weit entfernte Verwandte sind) hat, dann erbt "Vater Staat". In der Regel wird aber von den Nachlassgerichten zunächst nach Erben gesucht. Es gibt sogar Firmen, die sich auf die Suche von Erben spezialisiert haben.

Was sind Vorteile und Nachteile einer Schenkung?
Der Nachteil bei einer Schenkung ist: "Was weg ist, ist weg" (mit einigen wenigen Ausnahmen, zum Beispiel späterer Verarmung des Schenkers). Grundsätzlich vertrete ich die Meinung, dass jeder über sein Vermögen solange wie möglich frei verfügen können soll und es eben nicht (zumindest nicht im wesentlichen Teil) verschenken sollte und wenn dann später nichts übrig bleibt, ist es die Entscheidung des Erblassers. Die Vorteile von Schenkungen bestehen bei größeren Vermögen in der Ausnutzung der Freibeträge, die dann ggf. mehrfach möglich ist. "Hilfreich" können solche Schenkungen natürlich auch dann sein, wenn pflichtteilsberechtigte Erben möglichst nicht nur als Erbe ausgeschlossen werden sollen, sondern auch der Pflichtteil möglichst gering gehalten werden sollen. Dann sind Schenkungen grundsätzlich geeignet, den entsprechenden Pflichtteil zu reduzieren, insbesondere dann, wenn der Erblasser nach der Schenkung noch lange lebt. Schenkt der Erblasser zum Beispiel drei Monate vor seinem Tod 100.000,00 an seinen späteren Erben, dann wird der Pflichtteil des enterbten Pflichtteilsberechtigten zusätzlich zum sonstigen Nachlass aus diesen 100.000,00 berechnet. Schenkt der Erblasser den gleichen Betrag 5 ½ Jahre vor seinem Tod, dann werden in der Regel nur noch 50.000,00 zur Berechnung des Pflichtteils herangezogen, nach mehr als 10 Jahren in der Regel gar nichts mehr.



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27. February 2017 11:58
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Interview: Doris Emmer
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