Stefans White Rider

Ein Mann und sein Auto – auch 2018 „reine Gefühlssache“?

Stefans White Rider (2 Einträge)

 

Ein Mann und sein Auto - ohne Zweifel eine besondere Beziehung, wissen wir seit Knight Rider. Eine hochemotionale Sache, wenn hier ein Wechsel ansteht. Unser idowa-Redakteur Stefan Karl ist seit kurzer Zeit stolzer Besitzer eines Neuwagens und hat die Gelegenheit genutzt, das Spannungsfeld zwischen Argumentation und Emotion beim Autokauf - quasi im Selbstversuch - zu erforschen.

Eines vorneweg: Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass ich mir jemals einen Neuwagen kaufen würde. Ein mittelalter Wagen, zwischen drei und sechs Jahre alt, am besten mit Tachostand zwischen 30.000 und 60.000 Kilometer, das war immer mein Beuteschema, wenn es um einen neuen fahrbaren Untersatz geht. Und natürlich ein deutsches Fabrikat.

So viel Marken-Patriotismus muss erlaubt sein. Der Nimbus der unzerstörbaren deutschen Qualitätsarbeit im Autobau stand für mich nie in Frage. Manche Dinge nimmt man eben mit aus dem Elternhaus.

Einzige Schwierigkeit: ein solches Auto im besagten Beuteschema war über Monate nicht zu einem akzeptablen Preis aufzutreiben. Und davon ganz abgesehen: hat man mal die 30 hinter sich gelassen, ist es Zeit, die eigenen Dogmen in Frage zu stellen - zumindest ein paar davon. Ein Vorteil eines Neuwagens liegt auf der Hand. Zum ersten Mal heißt es: Wünsch Dir was! Zum ersten Mal gibt es genau die Ausstattung, die du willst. Nicht die, die der Vor- oder Vor-Vorbesitzer deines Autos haben wollte.

"Grundsätzlich hat sich für einen Autoverkäufer nicht viel verändert über die vergangenen 25 Jahre. Außer vielleicht, dass der Kunde mit mehr eigenen Vorstellungen an den Kauf herangeht", sagt Markus Purucker vom Autohaus Ostermaier-Lichtinger in Straubing, damals wie heute Autoverkäufer meines Vertrauens, beim ersten Gespräch. "Die meisten haben sich online bereits ein Wunschmodell zusammengestellt und bringen das mit ins Gespräch."

Treffer! Auch ich hatte vorher den Online-Konfigurator eines deutschen (ich sagte, mit einigen Dogmen, nicht mit allen wollte ich brechen) Autobauers konsultiert. So war zum Beispiel die 7-Gang-Automatik-Schaltung bereits fest eingeplant. Eher ungewöhnlich für ein Auto der Kompaktklasse. Seit ich aber wenige Wochen zuvor das Auto eines guten Freundes Probe gefahren hatte (als typisch ungeschickter Automatik-Neuling, mit obligatorischer "ach ja stimmt, hier ist gar keine Kupplung"-Vollbremsung) wusste ich, dass ich auch so etwas haben wollte. Nie wieder die Einhand-Gymnastik im Stop-and-Go-Verkehr. Immerhin sollte es ja ein schicker Stadtflitzer werden.

Aber Moment - brauchen wir die Gangschaltung überhaupt? Die Zukunft ist doch elektrisch, dachte ich mir. "Wir haben auch schon deutlich mehr E-Autos verkauft über die vergangenen Monate", sagt Markus Purucker, "der Gesamtmarkt ist aber immer noch überschaubar." Purucker sieht die elektrische Zukunft noch nicht angebrochen. Allerdings gehe die Empfehlung besonders für Stadtflitzer wie den meinen immer öfter zum Plug-In-Hybrid. Also elektrisch, so lang es die Batterie schafft, dann auf Benzin.

"Die Lade-Infrastruktur ist einfach noch nicht verfügbar, es fehlt noch ein bisschen die Zuverlässigkeit für voll-elektrische Lösungen. Aber das kommt auf jeden Fall." Okay, keine halben Sachen für mich. Also doch noch mal Benzin. Und Diesel? "Für Langstreckenfahrer, auch für Firmenautos immer noch oft die erste Wahl", sagt Purucker. Keine Angst vor Fahrverboten in den großen Städten? "Man merkt schon, dass Modelle wie Leasing oder Finanzierung in letzter Zeit in dem Segment noch stärker angefragt werden. In denen muss der Kunde das Restwertrisiko nicht selbst tragen." Das liegt dann beim Autohaus.

Sorgen machen sich die Händler deswegen aber noch nicht, sagt Purucker: "Viele Autos, die ein bestimmtes Alter hinter sich gelassen haben, gehen in den Export." Klar, es gibt Länder, in denen Dinge wie die neueste Euro-Norm nicht ganz so große Verkaufsargumente sind, wie in unseren Breiten. Der Auslandsmarkt könnte auch ein Grund dafür sein, warum die von mir so geschätzten mittelalten Gebrauchten so schwer zu finden sind. "Allgemein hat der Gebrauchtwagen-Sektor etwas an Bedeutung verloren, das ist bei so ziemlich allen Autohäusern so", sagt Purucker. Was aber hat sich verändert am Kunden von heute im Vergleich zu vor 25 Jahren? Markus Purucker muss es wissen, so lange ist er nämlich schon im Geschäft.

"Klar, früher waren PS-Zahlen das Entscheidende, heute wird mindestens genauso viel Wert auf den CO2-Ausstoß gelegt. Das ökologische Bewusstsein nimmt schon immer mehr Raum ein." Die weiße Weste meines weißen Flitzers bleibt auf jeden Fall gewahrt - auch das natürlich ein Vorteil an so einem Neuwagenkauf. Auch wenn die aktuelle Abgas-Norm natürlich nicht die Letzte sein wird.

"Immer wichtiger werden außerdem Aspekte wie Fahrer-Assistenzsysteme, auch bei den kleineren Fahrzeugen." Das stimmt. Auch wenn mein neuer Flitzer ja wirklich mehr in die Kompaktklasse gehört, liest sich die Ausstattungsliste, bei der wir zum Schluss gelandet sind wie einer dieser Schriftrollen aus den Asterix-Filmen, die, einmal entrollt, den ganzen Gang entlang reichen. Trotzdem war ich der Ansicht, dass ich keinen teuren Schnickschnack dazugekauft hatte. Ein Connectivity-Paket, um Smartphone und Tablet ins Auto anschließen zu können, braucht man heutzutage einfach. Na gut, ob ein kleines Stadtauto nun wirklich einen Tempomaten braucht, sei dahingestellt. Vielleicht hab ich ihn tatsächlich nur dazu gebucht, um eines Tages auf der Autobahn einen Freund auf dem Beifahrersitz zu beeindrucken.

Beeindrucken scheint übrigens das richtige Stichwort zu sein: Die stämmigen Formen der SUVs haben sich im Jahr 2018 tatsächlich bereits die Modellpalette hinunter gehangelt. "Auch die kleineren Modelle werden höher und breiter - diese Form liegt einfach nach wie vor im Trend." Ein Trend, der - Hand aufs Herz - eher gegen die Vernunft geht. Die wenigsten von uns haben eine Ranch zu Hause, auf der man nur mit einem Geländewagen vorwärts kommt. Fazit: Auch 2018 bleibt die Wahl des Autos eine Entscheidung im Spannungsfeld zwischen Argumentation und Emotion - wenn sich auch das Gewicht so langsam verlagert.



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05. April 2018 09:42
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Stefan Karl
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