Eine sehr individuelle Angelegenheit

Die einzig "richtige" Bewerbung gibt es nicht

Eine erfolgversprechende schriftliche Bewerbung kann Türen öffnen. (Foto: de)

Wie soll sie nun sein, die "optimale" Bewerbung? Wie jeder Bewerber einzigartig ist, muss auch sie individuell gestaltet werden. Karin Pohlei, Arbeitsvermittlerin bei der Agentur für Arbeit in Deggendorf, gibt wertvolle Tipps und Hinweise.

Viele Menschen, die ihre Arbeit verlieren, haben seit Jahren oder sogar Jahrzehnten keine Bewerbung mehr geschrieben. Welche einzelnen Teile sollte eine zeitgemäße schriftliche Bewerbung auf jeden Fall enthalten?

Karin Pohlei: Eine Bewerbung ist eine sehr individuelle Angelegenheit, jede Bewerbung ist ein Unikat, abhängig von der ausgeschrieben Stelle und dem Bewerber. Je nach Branche und geforderter Qualifikation an den Bewerber gelten unterschiedliche Standards. Es gibt Branchen, da genügt oft noch ein persönliches Gespräch oder Telefonat und das "Gentleman Agreement" per Handschlag. Im anderen Extremfall umfasst eine schriftliche Bewerbung neben einem Deckblatt mit Bewerbungsfoto, Lebenslauf, Anschreiben und gezielt ausgewählten Zeugnissen/Zertifikaten noch ein Kompetenzprofil, eine sog. Dritte Seite, Referenzen.

Welche Tipps gibt es für Arbeitssuchende, ihre Fähigkeiten und Qualifikationen bei einer schriftlichen Bewerbung in ein gutes Licht zu rücken?

Personaler suchen motivierte, engagierte und leistungsbereite Persönlichkeiten. Dies sollen Bewerber mit dem Anschreiben und dem Gesamt- Erscheinungsbild der Bewerbung transportieren, und zwar positiv. Softskills, die persönlichen Kompetenzen also, sind entsprechend oft wichtiger als die sogenannten Hardskills, die fachlichen Ausbildungen, Qualifizierungen und Erfahrungen. Und die Liste der geforderten Kompetenzen ist lang. Positiver Transport heißt z.B. sprachlich, dass Wörter wie nicht, kein, leider, aber, nur, vielleicht, niemand, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Arbeitsamt, Alter, in einem Bewerbungs- Anschreiben fehl am Platz sind. Eine Wiedergabe des tabellarischen Lebenslaufs in Satzform ebenso wie eine Auflistung und Aneinanderreihung von Softskills nach dem Gießkannenprinzip im Bewerbungsanschreiben langweilt den Leser und lässt den Bewerber zudem nicht glaubwürdig erscheinen. Und Ehrlichkeit ist das oberste Gebot bei einer Bewerbung! Wichtig ist, die einzelnen Kompetenzen zu belegen! So bin ich als jahrelanger Mittelstürmer im Fußballverein sicher ein guter Teamplayer und eine alleinerziehende Mutter darf sich bestimmt kreativ und verantwortungsbewusst nennen. Und jede Stärke hat mindestens einen eigenen (Halb-)Satz verdient: also nicht: "Ich bin teamfähig", sondern z.B.: "Als Mittelstürmerin des FC Himmelstadt habe ich 15 Jahre lang meine Teamfähigkeit unter Beweis gestellt." Auch nicht: "Ich bin zuverlässig", sondern z.B.: "Einmal getroffene Vereinbarungen halte ich zu 100% ein." So gewinnt der Leser auf jeden Fall Interesse am Bewerber, d.h.: er bekommt Lust, sich weiter mit den Unterlagen des Bewerbers zu beschäftigen. Und wenn diese dann auch noch ansprechend sind, ist die Tür zum Unternehmen einen Spalt offen und ein Vorstellungsgespräch sehr wahrscheinlich. Generell muss auf die Stellenanzeige wie in einem Dialog eingegangen werden, doch darf der eigene Text nicht zu sehr dem der Stellenanzeige gleichen. Denn Abschreiben kann jeder!

Gibt es Dinge, die auf keinen Fall bei einer schriftlichen Bewerbung passieren dürfen?

Etwa 300...! Die häufigsten und auffälligsten sind:

  • Standardtexte im Anschreiben, die nicht auf das spezifische Unternehmen abgestimmt sind. Auf das Unternehmen muss eingegangen werden!
  • Die Formel "Sehr geehrte Damen und Herren" statt den Namen des Ansprechpartners zu verwenden.
  • Entsprechende Fehler bei Firmennamen oder Ansprechpartnern.
  • Veraltetes Datum oder unterschiedliche Daten auf Anschreiben und Lebenslauf. Ebenso verschiedene Kontaktdaten auf Deckblatt, Anschreiben und Lebenslauf.
  • Viele "Ich"s am Satzanfang zeugen von Egozentrik.
  • Ungereimtheiten zwischen Angaben im Lebenslauf, dem Anschreiben und den Zeugnissen!
  • Fehlende Gliederung und unausgewogenes Layout bei den Schriftstücken.
  • Fehlende Unterschriften auf Anschreiben und Lebenslauf.
  • Missachtung der anerkannten DIN-5008-Norm zur Erstellung von Geschäftsbriefen.
  • Der Lebenslauf muss unbedingt lückenlos sein! Zeiten der "aktiven Arbeitssuche", der "beruflichen Neuorientierung", der "Orientierung am Arbeitsmarkt" oder "Familienzeiten" und "Auslandsaufenthalte" müssen unbedingt angegeben werden. Auch hier ist oberstes Prinzip: Ehrlichkeit.
  • Ein Lebenslauf, der länger als 2 Seiten ist.
  • Vernachlässigung von Sprach-, EDV- und persönlichen Kompetenzen.
  • Gelochtes Papier, billiges Papier, doppelseitige Kopien, Blätter in Klarsichthüllen, unsaubere Kopien, Knicke im Papier, Kaffeeflecken auf der Bewerbungsmappe, Rechtschreib- Stil- und Satzzeichenfehler, Bewerbungsfotos in veralteter Optik, mit Büroklammer angetackerte Bewerbungsfotos, Urlaubsbilder, Automatenbilder, unzureichend frankierte Briefumschläge, fehlende Anlagen, Versand von Originalen.



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Details

01. September 2015 17:22
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idowa, Doris Emmer
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