Sicherheit mit „wuidi“

Mit einer App wollen junge Firmengründer helfen, Wildunfälle zu vermeiden

Eine Fahranfängerin ist früh morgens auf dem Weg von einem Discobesuch nach Hause. Auf einer unübersichtlichen Strecke läuft der jungen Frau ein Reh ins Auto. Das Tier liegt schwer verletzt auf der Fahrbahn, das Auto hat eine zertrümmerte Windschutzscheibe. Weiterfahren ist nicht möglich. Es ist dunkel, die Unfallfahrerin steht allein auf der Landstraße. Aus Schock kann sich die junge Frau nicht an die Notrufnummer der Polizei erinnern. Sie ist eine andere Strecke gefahren als üblich, weil sie Freunde mitgenommen hat, und weiß nicht, wo sie genau ist und welche Orte im Umkreis liegen. Ein schreckliche Situation für die Autofahrerin und eine Qual für das verletzte Tier. Vor solchen Situationen soll die App "wuidi Wildwechsel-Radar" schützen, denn Wildunfälle stellen in Bayern mittlerweile eine der häufigsten Unfallursachen dar.

Ein eigener Wildunfall war es, der Alfons Weinzierl und Alexander Böckl aus dem Landkreis Straubing-Bogen 2014 auf eine Idee brachte, wie sich solche Schockmomente in vielen Fällen verhindern lassen können. Die beiden jungen Männern wollen erstmals mit digitalen Mitteln vor Wildunfällen schützen. Falls trotz aller Vorsicht ein Crash geschehen ist, wollen die beiden dem Unfallfahrer eine Schritt-für-Schritt-Anleitung an die Hand geben, was in einem solchen Fall konkret zu tun ist.

Gemeinsam mit den Software-Spezialisten Jozo Lagetar und Florian Wilhelm entwickelten Weinzierl und Böckl in den vergangenen zwei Jahren einen digitalen Service zur Wildunfallvermeidung und -abwicklung. "Anders als die traditionellen Schilder am Straßenrand, die vor Wildunfällen warnen und viel zu oft nicht beachtet werden, wollten wir eine datenbasierte Möglichkeit schaffen, Autofahrer vor Gefahrensituationen zu schützen. Und das dynamisch, also nur wenn eine tatsächliche Gefahr besteht", erklärt Weinzierl die Idee."

Langfristige Lösung

Duftzäune und Reflektoren würden nur kurzfristig helfen, um Wild von der Straße fernzuhalten. "Die Tiere gewöhnen sich daran, die Unfallzahlen steigen nach einiger Zeit wieder an," gibt Alfons Weinzierl zu bedenken. Er und seine Mitstreiter haben sich mit dem Thema "Wildunfall" in den vergangenen zwei Jahren intensiv auseinandergesetzt und kennen die alltägliche Gefahr mit all ihren Facetten.

Anders als traditionelle Schutzmaßnahmen geht die App nicht davon aus, dass das Tier nachhaltig beeinflusst werden kann, Straßen zu meiden. "Mit unserer Methode soll der Mensch aktiv werden, um Unfälle zu verhindern", betont Weinzierl.

Gebündelte Daten

Um Gefahrenstrecken schnell und sicher melden zu können, bündelt die App viele Daten. Sie wertet Informationen vergangener Wildunfälle, die Jahreszeit, die Tageszeit, Brunftzeiten und vieles mehr aus. "Selbst die angebaute Fruchtfolge auf einem dem Wald gegenüberliegenden Feld kann schon dafür sorgen, dass mehr Tiere angelockt werden und in der Dämmerung über die Straße laufen," verdeutlicht Weinzierl, wie punktuell sich Gefahren oft darstellen.

Wenn in einem Bereich erhöhte Wildwechselgefahr droht, ertönt die Stimme von Bayern-3-Moderator Bernhard Fleischmann aus dem Smartphone und warnt in einem Satz vor einem wahrscheinlichen Wildwechsel. Das Lesen einer Eilmeldung ist nicht nötig. "Damit haben wir uns an die Straßenverkehrsordnung gehalten. Der akustische Warnhinweis ist kurz. Wir wollen damit eine Ablenkung von Straßenverkehr vermeiden," betont Firmengründer Alfons Weinzierl.

Man müsse das Smartphone nicht in die Hand nehmen, um die Warnung zu empfangen. Ein zusätzliches Vibrieren des Handys sorgt außerdem für Sicherheit. "Wir wollen durch diesen kurzen Hinweis erreichen, dass der Fahrer die Straße noch aufmerksamer beobachtet und an kritischen Stellen besonders langsam und vorsichtig fährt." Eine Bluetooth-Verbindung ist ebenso möglich, um die Warnungen über das Auto auszugeben.

Im Fall des Falles...

Sollte es doch zu einem Wildunfall kommen, zeigt die App dem geschockten Autofahrer in einer Anleitung die wichtigsten Schritte. Er erfährt, wo er sich befindet, welche Polizeidienststelle er verständigen muss und wer der zuständige Jagdrevier-Inhaber im Unfallbereich ist. "Dies sind hilfreiche Hinweise, und wenn ein Unfall geschehen ist, können schon dafür sorgen, dass der Unfallfahrer sich etwas beruhigt", betont Weinzierl. Auch wichtig zu wissen sei, dass die App nicht zwingend auf eine Internet-Verbindung angewiesen ist, sondern mit GPS funktioniert. Somit ist das Wildwechsel-Radar auch in einem Gebiet mit schlechter Anbindung einsatzbereit.

Neben der App für den Autofahrer hat das "wuidi"-Team ein sogenanntes Revierportal entwickelt. Hier können Jagdrevier-Inhaber ihre Gefahrenabschnitte mit erhöhtem Wildwechsel eintragen. Mit einem Fingertipp können sie Gefahrenstellen auf einer Karte markieren. Die Jäger wüssten oft am besten, wo die Gefahr besonders groß ist, betont Alfons Weinzierl. Auch bereits geschehene Wildunfälle können hier vermerkt werden. All diese Daten fließen in die "wuidi"-App ein und sorgen für eine noch genauere Ermittlung der Unfallgefahr mit Reh, Wildschwein und Co..

Namhafte Partner

Stolz sind die App-Entwickler, dass sie namhafte Partner für ihre Idee mit ins Boot holen konnten. "Das Bayerische Innenministerium, die Bayerische Polizei, der Bayerische Jagdverband, der Deutsche Landwirtschaftsverlag sowie die Hans Lindner Stiftung unterstützen uns bei unserem Projekt, zählt Alfons Weinzierl auf. Mit Prof. Dr. Wolfgang Dorner der Technischen Hochschule Deggendorf konnte das Team weiterhin einen Geoinformatik-Experten als Mentor gewinnen.

Hermann Zöttl, Polizeihauptkommissar bei der Verkehrspolizeiinspektion Deggendorf, erhofft sich von der App einen ähnlich guten Nutzen wie von den erprobten Verkehrsdurchsagen im Radio. Er zählt auf die Schutz- und Nutzfunktion der App. "Für die Polizeidienststellen ist es natürlich eine massive Erleichterung, wenn der Fahrer durch die App im Falle eines Unfalls weiß, was zu tun ist. Wenn wir alarmiert werden, können wir außerdem durch GPS sofort feststellen, wo genau sich der Unfall ereignet hat."

Darüber hinaus unterstützt die Polizei aktiv die Arbeit des "wuidi"-Teams mit Daten, wo bereits Unfälle geschehen sind. "Der Datenschutz wird dabei natürlich gewahrt. Personenbezogene Informationen werden nicht weitergegeben", versichert Polizeihauptkommissar Zöttl.

Unfälle reduzieren

Auch Ramona Pohl, Fachreferentin für Forst und Jagd des Bayerischen Jagdverbandes, steht hinter der "wuidi"-Idee. "Wir als Verband begrüßen diese Möglichkeit auf das Thema ,Wildunfälle' aufmerksam zu machen. Wir hoffen, dass die Warnung von den App-Usern auch umgesetzt wird und die Fahrer vom Gaspedal runtergehen." Der Jagdverband unterstütze das Projekt von "Wuidi" ebenfalls aktiv. "Wir haben die App in unserer Verbandszeitschrift vorgestellt, ebenso wie auf dem Landesjägertag 2016 in Kulmbach. Außerdem sind wir permanent im Austausch mit den Entwicklern von ,wuidi' und stellen ihnen Informationen zur Verfügung."

Ein Wunsch, den die Gewinner des Wettbewerbs "ideenReich 2016" noch für die Zukunft haben, ist, dass "wuidi" serienmäßig in Neuwagen und mobile Navigationssysteme eingebaut wird und damit flächen-deckend die Autofahrer und das Wild schützt. Nähere Informationen zu den Produkten gibt es auch unter www.wuidi.de.

"wuidi" (4 Einträge)

 


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05. October 2016 10:43
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Doris Emmer
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